In unserer immer komplexer werdenden Welt kann niemand alles können. Heutzutage gibt es für viele Bereiche jedoch zahlreiche Angebote, die dabei helfen, sich zu verbessern. Das gilt auch für den Betrieb einer Apotheke und für alles, was dazu gehört. In welchen Bereichen man sich als Apothekenteam konkret coachen lassen kann, erfahren Sie im zweiten Teil des Artikels zum Thema Coaching und Beratung.
Im ersten Teil des Artikel ging es unter anderem darum, was bei der Auswahl eines Coaches zu beachten ist. Im zweiten geht es nun um die möglichen Inhalte. Bevor eine Apotheke einen externen Coach oder Berater anheuert, muss klar sein, auf welchem Gebiet eine Beratung oder ein Coaching erfolgen soll. Wo hakt es in der Apotheke oder im Team? Was genau soll verbessert werden? Wo liegen die Interessen von Mitarbeitern und Chef? Im Folgenden geben wir einen Überblick über verschiedene Coachingmöglichkeiten.
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HV-Coaching in der Apotheke
Ein relativ bekanntes Konzept für Apotheken ist das sogenannte HV-Coaching. Dabei werden Fähigkeiten vermittelt, die dem pharmazeutischen Personal Hilfestellung bei der Beratung am HV-Tisch geben. Ein derartiges Coaching kann sich dabei auf vielerlei Bereiche beziehen. Das Trainieren von Kommunikationsfähigkeiten, psychologischen Kniffen im Umgang mit dem Kunden und die Therapieoptimierung stehen meist im Vordergrund. Es werden sowohl theoretische als auch praktische Kompetenzen vermittelt. Beratungsgespräche können dabei im Rollenspiel und auch in der Praxis im Handverkauf geübt werden. Viele Coaches vermitteln eine Mischung aus diesen Themen. Einige sind spezialisiert auf einen bestimmten Bereich. Jeder arbeitet etwas anders, jeder auf seine Weise. Wichtig ist es, auf Nachhaltigkeit im Sinne von lang anhaltendem Wissen zu achten. Die meisten Informationen werden nach wenigen Wochen wieder vergessen. Findet ein Coaching oder Training immer wieder statt, wird das Gelernte wiederholt und kann sich langfristig festigen.
Wissenschaftliche Inhalte in Verbindung mit Beratung und Verkauf
Apotheker und HV-Coach Dr. Erol Yilmaz vermittelt wie viele andere Coaches ein Gesamtpaket. Allerdings konzentriert er sich mit seinen Coachings hauptsächlich auf den pharmazeutischen Aspekt. Welche pharmazeutisch sinnvollen Zusatzempfehlungen gibt es? Wie sieht eine durchdachte Therapieoptimierung aus? Er sieht sich somit als pharmazeutischen Trainer, der wissenschaftliche Inhalte mit der Beratung und dem Verkauf verbindet. Direkt am HV-Tisch macht es Yilmaz im Kundengespräch vor, er bedient anfangs in der Apotheke, die ihn gebucht hat, selbst. Danach beobachtet er PTA oder Apotheker bei der Beratung und gibt im Nachgang zum Verkaufsgespräch Impulse und Denkanstöße. Yilmaz legt Wert darauf, mit seinen Coachees auf Augenhöhe zu agieren und ihnen motivierend und optimierend zu begegnen. Dabei sieht er sich sowohl als Coach und Trainer als auch als Mentor für seine Trainingsapotheken.
Arbeit am Mindset
Aus seiner praktischen Tätigkeit bei der Unterstützung von Apothekenteams berichtet Yilmaz, dass viele Coachees Angst davor haben, aktiv zu verkaufen. Zu groß sind die Bedenken aufdringlich zu sein oder dem Kunden gar etwas „aufzuschwatzen“. „Zum Teil fehlt das wirtschaftliche Selbstbewusstsein“, so Yilmaz. In Zeiten, in denen viele Apotheken aus wirtschaftlicher Sicht kämpfen müssen, nicht die beste Ausgangslage. Dieses Mindset möchte er ändern und das Bewusstsein für den Sinn einer Therapieoptimierung schärfen. Denn eine Optimierung der Therapie beinhaltet schließlich nicht nur einen möglichen Zusatzverkauf. Sie gibt Empfehlungen, weist auf Wechselwirkungen und Nebenwirkungen hin und deckt sie sogar auf. Das hintergründige Fachwissen und die Motivation zur aktiven Empfehlung vermittelt Yilmaz neben den Gesprächen am HV und in Rollenspielen auch durch Vorträge und Workshops, die im Vorfeld zum praktischen Training stattfinden.
„Jeder kann sich weiterentwickeln“
Auch PTA Nicole Hackl erlebt es in ihrer Tätigkeit als HV-Coachin in ihrem Berufsalltag folgendermaßen: „Egal wie lange jemand bereits im HV berät – jeder kann sich weiterentwickeln.“ Sie setzt darum mit jedem ihrer Coachees individuelle Ziele. Jeder Pharmazeut hat eine andere Ausgangslage und auch die Geschwindigkeit in der gelernt wird, ist je nach Person unterschiedlich. Und auch jeder Coach arbeitet ein wenig anders. Nicole Hackl führt keinerlei Rollenspiele durch und bedient auch nicht beispielhaft selbst im Handverkauf der Trainingsapotheke. Sie ist eher „inkognito“ unterwegs: Sie positioniert sich in der Freiwahl, ganz in der Nähe des zu analysierenden Gespräches am HV und beobachtet ausschließlich echte Beratungssituationen. Jedoch immer so, dass der Kunde davon nichts mitbekommt.
Erfolgreiche Kommunikation im Handverkauf
Liegt das Augenmerk der Inhaberin oder des Inhabers vor allem auf den kommunikativen Fähigkeiten des Teams, kann sich ein HV-Coaching auch darauf konzentrieren. Sowohl im Pharmaziestudium als auch in der Ausbildung zur PTA, kommt der erfolgreichen Kommunikation mit Kunden oder anderen Akteuren des Gesundheitswesens zu wenig Aufmerksamkeit zu. Anna Schatz von der HealthCareComm GmbH begleitet darum in ihrem Kommunikationstraining für Apotheken, das sie neben vielen weiteren Trainings und Coachings anbietet, Inhaber, Filialleiter und ihre Apothekenteams über einen längeren Zeitraum. „Wir achten auf den individuellen Charakter eines jeden Teammitglieds und schneiden das Kommunikationstraining auf denjenigen zu“, so Schatz.
Beratung zur Optimierung des Warenlagers
Zum wirtschaftlichen Erfolg einer Apotheke gehört es aber nicht nur, erfolgreich im Verkauf und der pharmazeutischen Beratung zu sein. Ebenso trägt ein durchdachtes und optimiertes Warenlager dazu bei. Aus diesem Grund gibt es auf diesem Gebiet ebenfalls externe Berater, die das Warenlager einer Apotheke auf Vordermann bringen. PTA und HV-Coach Nicole Hackl bietet Beratungen diesbezüglich an. Sie weiß: „In Zeiten, in denen Lieferengpässe zur Tagesordnung gehören, ist es extrem wichtig auf die Lieferfähigkeit der eigenen Apotheke zu achten.“ Das ist jedoch nicht der einzige Punkt, auf den sie achtet. Gerade erfahrene PKA sind meist Spezialisten auf ihrem Gebiet im Backoffice. Ab und an kann aber ein Blick von außen und eine fachgerechte Beratung eingefahrene Routinen durchbrechen und neuen Wind ins Warenlager bringen.
Liefern, Optimieren und Lagerumschlag
Warenlagerpflege, das bedeutet neben der Verbesserung der Lieferfähigkeit auch, die angebotene Ware auf die Zielgruppe der Apotheke zuzuschneiden. Sind hauptsächlich Senioren im Umfeld der Apotheke angesiedelt oder Mütter mit Kindern? Wo möchte sich die Apotheke in der Zukunft hin orientieren? Den Kundinnen und Kunden im Rahmen der Therapieoptimierung ab und zu Produkte anbieten zu können, die über den Tellerrand hinausgedacht sind, überrascht die Kunden, sodass sie sich optimal betreut fühlen. Ein Coach oder Berater auf dem Gebiet der Warenlagerpflege sieht sich Kennzahlen an, achtet auf den Lagerumschlag und eine mögliche Bildung von Nestern. Verfallene Produkte und eine hohe Retourenquote sollen ebenfalls vermieden werden. Auch die Lieferfähigkeit im Bereich der Rx-Arzneimittel kann verbessert werden, wenn man das Verschreibungsverhalten der Ärzte aus der Umgebung analysiert. Oder: Stichwort Category Management. Wie gestaltet man die Sicht- und Freiwahl so, dass die Kunden Freude am Einkaufen in der Apotheke haben und gerne wiederkommen? Die wirtschaftlichen Berater arbeiten meist eng mit der verantwortlichen Kraft im Backoffice zusammen, machen Verbesserungsvorschläge und geben Tipps und Tricks. So können Prozesse optimiert werden, etwa bei der Bestellung und dem Wareneingang. Das bedeutet in den meisten Fällen eine Zeitersparnis und einen gesenkten Arbeitsaufwand. Ein wichtiger Faktor, denn Zeit ist begrenzt, gerade wenn die Personaldecke dünn ist.
Im dritten Teil des Artikels geht es dann um das Thema Führung.
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