BKK-Bundesverband pocht auf Nullretax

Franz Knieps, Vorstandschef des BKK Dachverbands, macht sich für Nullretaxationen stark. Anlässlich der öffentlichen Anhörung zum Engpassgesetz im Bundestag betont er, dass sie jedenfalls im Bereich der Rabattverträge erhalten bleiben müssten. Wenig verwunderlich: Auch von dem Plan, die erweiterten Austauschmöglichkeiten für Apotheken gesetzlich zu verankern, sowie dem 50-Cent-Zuschlag hält der Kassenverband nichts.

Diesen Montagnachmittag findet im Bundestags-Gesundheitsausschuss die öffentliche Anhörung zum Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) statt. Die schriftlichen Stellungnahmen sind eingereicht. Nun können die Abgeordneten die Sachverständigen noch persönlich befragen.

Franz Knieps, Vorstandsvorsitzender des BKK Dachverbandes, hat sich vorab schon einmal per Pressemitteilung zu einem speziellen Punkt zu Wort gemeldet, der noch gar nicht im ALBVVG-Gesetzentwurf zu finden ist: Nullretaxationen. Allerdings haben FDP- und SPD-Gesundheitspolitiker zuletzt immer wieder deutlich gemacht, dass sie sich für ein Ende dieser Kassen-Praxis einsetzen werden. Und auch die Bundesregierung hat bereits Beweglichkeit signalisiert, nachdem die Länder ein Nullretaxverbot im Zuge des ALBVVG-Gesetzgebungsverfahrens eingefordert hatten. Noch ist ein entsprechender Änderungsantrag nicht bekannt – auch wenn ein erstes Paket bereits in Form von Formulierungshilfen vorliegt. Weitere sind aber zu erwarten.

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Schon in der schriftlichen Stellungnahme des BKK Dachverbands zum ALBVVG heißt es, der Verband begrüße, „dass der Gesetzgeber keine Veränderungen bei der Nullretaxation der Krankenkassen von nicht-ordnungsgemäß abgegebenen Arzneimitteln durch die Apotheken vorsieht“. Schon das zeugt davon, dass der Kassenverband offensichtlich befürchtet, dass hier noch was geschieht. 

Nun legt Knieps, der einst als für die GKV zuständiger Abteilungsleiter im Bundesgesundheitsministerium an der Seite der damaligen Ministerin Ulla Schmidt (SPD) den Rabattverträgen den Weg geebnet hat, per Pressemitteilung nach. Darin erklärt er, dass es auch eine Aufgabe der Apotheker:innen sei, eine wirtschaftliche Arzneimittelversorgung sicherstellen. Das gehöre zu den Grundprinzipien der solidarischen Krankenversicherung und sei im Sinne aller Beitragszahlerinnen und Beitragszahler. So müssten Apotheken auch günstige Arzneimittel auswählen und gegen Rabattarzneimittel austauschen. „Passiert der Apotheke ein Fehler bei der Arzneimittelabgabe, liegt die Verantwortung hierfür ebenfalls in der Apotheke“, erklärt Knieps weiter. „Denn Apotheken dürfen nur Arzneimittel innerhalb der Leistungspflicht der GKV mit den Krankenkassen abrechnen und Kassen dürfen auch nur diese bezahlen. Das können sie bei Fehlern der Apotheken ahnden und das Geld zurückfordern.“

Knieps: Verzicht auf Nullretax könnte mehr als 4 Milliarden Euro an Einsparungen gefährden

Das sei gerade für die Umsetzung von Rabattverträgen essenziell. Und hier sehen sich die Kassen durch das Bundessozialgericht bestätigt. „Entschieden wurde, dass Krankenkassen Apotheken, die ohne erkennbaren Grund und trotz eines bestehenden Rabattvertrages nicht das Rabattarzneimittel, sondern ein anderes preisgünstiges abgeben, auf Null retaxieren dürfen“, so Knieps. Tatsächlich ist dies so, weil das Gericht hier eine sehr spezielle sozialrechtliche Situation sieht, die mit dem gewohnten Vertragsrecht nichts zu tun hat und Nullretaxationen für zulässig hält. Knieps behauptet: „Würde diese Möglichkeit wegfallen, ist mit einem erheblichen finanziellen Schaden für die GKV zu rechnen.“ Dazu verweist er auf die Einsparungen durch Rabattverträge: Im vergangenen Jahr lagen diese bei gut 5,5 Milliarden Euro. Davon seien rund 75 Prozent auf Generika entfallen. Knieps Schlussfolgerung: Mit dem aktuell diskutierten Verzicht auf die Nullretaxierung seien mehr als vier Milliarden Euro an Rabatteinnahmen gefährdet.

Eine gewagte Behauptung – vor allem, weil kaum anzunehmen ist, dass Apotheken ohne Not auf die Abgabe von Rabattarzneien verzichten. Unerwähnt bleibt auch, dass die Nullretaxationen für die Kassen quasi eine Einnahmequelle sind, weil ihre Versicherten auch ohne Rabatt-Produkt sicher versorgt werden – die Kasse aber dafür gar nichts bezahlt. Und die wirklich schmerzhaften Retaxationen finden auch weniger im Bereich der Generika als in dem der Hochpreiser statt. Ein wenig Verständnis hat Knieps offenbar doch. Auch wenn er ganz klar fordert: „Die Möglichkeit einer Nullretaxierung für Generika in Rabattverträgen muss bestehen bleiben!“ – so räumt er auch ein: „Allerdings sollten wir an die Verhältnismäßigkeit der Bagatellgrenzen für Retaxierungen beachten“.

Grundsätzlich verspricht sich der BKK-Dachverband viel vom E-Rezept bei der künftigen Vermeidung von Retaxationen. Dessen Umsetzung werde „viele Fälle, die nun aus formalen Fehlern moniert werden, ausschließen“. Und das werde die Apotheken erheblich entlasten, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme.

50 Cent mehr – „käme doppelter Vergütung gleich“

Darüber hinaus hält der Kassenverband wenig von den im ALBVVG-Entwurf vorgesehenen Plänen, die den Apotheken das Engpassmanagement erleichtern sollen. Was die gesetzliche Verankerung der erweiterten Austauschregeln betrifft, sei zwar positiv, dass diesen zwei separate Verfügbarkeitsanfragen bei vollversorgenden Arzneimittelgroßhandlungen vorgeschaltet sein sollen. Trotzdem seien die Regelungen unnötig, da der Rahmenvertrag bereits für entsprechende Klärung sorge. Auf strikte Ablehnung trifft auch der geplante 50 Cent-Zuschlag fürs Engpassmanagement, sowohl für die Apotheken als auch für den Großhandel. „Mit der Vergütung für Arzneimittel sind alle Aufwände abgegolten. Eine weitere Honorierung käme einer doppelten Vergütung gleich“, so der BKK-Bundesverband.

Die Stellungnahme des BKK Dachverbandes finden Sie hier: Stellungnahme.


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