Autoimmunerkrankungen durch Kochsalz?

Bei Autoimmunerkrankten finden sich häufig biochemisch und genetisch veränderte regulatorische T-Zellen. Eine in-vitro Studie zeigte nun, dass eine hohe Bereitstellung von Natriumchlorid bei diesen Immunzellen zu Prozessen führt, die den bei Autoimmunkrankheiten ähnlich sind. Die mitochondriale Atmung steht im Mittelpunkt dieser Veränderungen.

Ein hoher Kochsalzkonsum kann über renale Prozesse den Blutdruck erhöhen und das Herz-Kreislauf-System schädigen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, täglich nicht mehr als 6 g Natriumchlorid (NaCl) zu sich zu nehmen. Frauen verzehren am Tag durchschnittlich 8,4 g und Männer 10 g, also deutlich mehr als die empfohlene Menge. Dass Salz nicht nur die Gefäße, sondern auch das Immunsystem negativ beeinflussen kann, legt eine belgisch-deutsche Forschungsarbeit nahe.

Das binationale Forschungsteam hat bereits vor einigen Jahren gezeigt, dass Salz die Funktion der Mitochondrien von Monozyten und Makrophagen bei Autoimmunpatienten und -patientinnen einschränkt. Nun fragten sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, ob Salz nicht nur beim angeborenen, sondern auch im adaptiven Immunsystem den Energiestoffwechsel verändern kann. Wie eine Veröffentlichung in „Cell Metabolism“ zeigt, heißt die Antwort wohl ja.

Durch hohe Salzbereitstellung in-vitro sind ähnliche Effekte bei regulatorischen T-Zellen aufgetreten, wie sie bereits in Makrophagen und Monozyten beobachtet wurden. Eine hohe extrazelluläre Salz-Konzentration führt demnach durch osmotische Prozesse zu erhöhten Natrium-Werten in der Zelle. Dies stört wahrscheinlich die Elektronentransportkette in der Mitochondrien-Membran, wie die Versuchsergebnisse nahelegen. Ein Energiedefizit der adaptiven Immunzelle und eine eingeschränkte immunregulatorische Funktion sind die Folgen.

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Die Funktion regulatorischer T-Zellen besteht unter anderem darin, autoaggressive Immunzellen in Schach zu halten, um Entzündungsreaktionen gegen körpereigenes Gewebe zu vermeiden. Bei Autoimmunerkrankungen findet sich oft eine Störung dieser T-Lymphozyten, zum Beispiel bei Multipler Sklerose, Typ 1 Diabetes und systemischem Lupus Erythematodes.

Durch die erhöhte Bereitstellung von NaCl im Zellversuch ähnelten die regulatorischen T-Zellen in biochemischen und genetischen Markern denen von Autoimmunpatienten und -patientinnen. Beispielsweise wurde das antiinflammatorische Interleukin IL-10 weniger exprimiert, das unter anderem von regulatorischen T-Lymphozyten sezerniert wird.

In den in-vitro-Experimenten mit humanen regulatorischen T-Zellen wurden 40 mM NaCl hinzugefügt, was im Menschen durch eine salzreiche Ernährung erreicht werden kann. Selbst eine niedrige Erhöhung um 10 mM Salz führte zu erhöhtem osmotischem Druck und fehlregulierten adaptiven Immunzellen.

Eine kurze Unterbrechung der Mitochondrienfunktion durch eine hohe Kochsalz-Zufuhr führte im Versuchsmodell bereits zu „langanhaltenden Folgen für die Leistungsfähigkeit und die immunregulierende Kapazität“, wie das Max-Delbrück-Zentrum, der deutsche Partner der Studie, in einer Pressemitteilung schreibt.

Veränderungen im Zellversuch reversibel

Wurde der mitochondriale Na+-Ca2+-Transporter bei den durch Natriumchlorid dysfunktional gewordenen regulatorischen T-Zellen gehemmt, strömten weniger Natrium-Ionen ins Zellinnere und es stellte sich wieder ein normaler, mitochondrialer Energiemetabolismus ein. Auch die autoaggressiven Marker nahmen ab. Im Zellversuch sind die durch Salz ausgelösten Veränderungen der Immunzellen also reversibel.

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Die Forschungsgruppe hat mit einer kleinen Probandengruppe den Einfluss einer salzreichen Ernährung auf die adaptiven Abwehrzellen in-vivo untersucht. Die Veränderungen an den regulatorischen T-Zellen der Studienteilnehmer und -teilnehmerinnen mit hohem Salzkonsum (> 7 g NaCl pro Tag) ähnelten den beobachteten Immuneffekten im Zellversuch. So fand sich zum Beispiel weniger entzündungshemmendes IL-10 im Blut der salzreichen Diätler verglichen mit den Teilnehmenden mit NaCl-armer Ernährung (< 7 g Salz pro Tag).

Durch ein besseres Verständnis der molekularen Vorgänge in den regulatorischen T-Zellen erhofft sich das Studienteam Erkenntnisse, wie Autoimmunkrankheiten entstehen und wie interveniert werden könnte. Auch bei Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen spielen die T-Lymphozyten eine Rolle. Bis ein therapeutischer Ansatz auf Basis der NaCl-Zufuhr praxisrelevant wird, ist noch – wie immer bei Ergebnissen aus in-vitro-Studien –  sehr viel Forschungsaufwand nötig.


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