Wie sinnvoll ist Paracetamol plus Algin?

Schmerzmittelhersteller werben gerne mit dem schnellen Zerfall – und damit dem schnellen Wirkungseintritt ihrer Präparate. Während jeder Apothekerin und jedem Apotheker wahrscheinlich einige „schnellwirksame“ Varianten von Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure einfallen, war die Auswahl bei Paracetamol bislang eingeschränkter. Was steckt hinter dem neuen Paracetalgin von Ratiopharm?

Wie aus einer Pressemitteilung vom 28. April hervorgeht, möchte Ratiopharm offenbar in eine Marktlücke vordringen. Denn dort wird „einzigartig“ und „jetzt neu“ Paracetamol mit „natürlichem“ Algin beworben. „In dieser Zusammensetzung wirkt Paracetamol deutlich schneller als in einer herkömmlichen Tablette“, heißt es.

Laut dem Buch „Pharmazeutische Hilfsstoffe“ (2013, Govi-Verlag) ist Alginsäure tatsächlich ein „natürliches Zerfallhilfsmittel“. In Wasser quillt das Pulver und nimmt das 200-300-fache seines Eigengewichts auf. In Tabletten und Kapseln wird Alginsäure somit sowohl als Binde- als auch Sprengmittel eingesetzt. Doch das „Arznei-Telegramm“ und seine Tochter-Zeitschrift „Gute Pillen – Schlechte Pillen“ sind von dem „besonderen“ Paracetamol plus Algin nicht überzeugt.

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Nach Recherchen des „Arznei-Telegramms“ handelt es sich bei dem neuen Präparat „Paracetalgin“ um ein Generikum eines irischen Produkts mit dem Namen „Panadol“. Und hier scheint auch der Ausgangspunkt der Zweifel zu liegen. Beworben wird Paracetalgin nämlich zwar damit, dass es bei Kopfschmerzen schneller wirke als andere Paracetamol-Tabletten – „schon nach 10 Minuten beginnt Paracetalgin zu wirken“, heißt es im Werbespot. Innerhalb der ersten Stunde soll der Körper ein Drittel mehr Wirkstoff aufnehmen, als bei einer normalen Tablette. Doch mit welchem Präparat Paracetalgin® hinsichtlich seiner Zerfallszeit verglichen wurde, konnte das „Arznei-Telegramm“ nicht herausfinden. Ratiopharm habe nach eigener Aussage als Lizenznehmer selbst nicht die entsprechenden Daten vorliegen. Solche Daten sollen für die Zulassung zudem nicht erforderlich gewesen sein. 

Zur Einordnung erklärt das „Arznei-Telegramm“: „In einer älteren (2003) Reihenuntersuchung des Zentrallaboratoriums Deutscher Apotheker (ZL) von 21 Präparaten mit 500 mg Paracetamol setzten die Tabletten innerhalb von 5 Minuten zwischen 11,1 Prozent und 97,9 Prozent des deklarierten Wirkstoffs frei.“ Nach 15 Minuten hätten dort immerhin 18 Präparate bereits 85 Prozent der deklarierten Wirkstoffmenge freigesetzt.

In der Fachinformation zu Paracetalgin heißt es übrigens, dass die frühe Resorption von Paracetamol (Dosisfraktion in den ersten 60 Minuten) um 32 Prozent höher ausfällt als bei normalen Paracetamol-Tabletten (p < 0,0001) und die Variabilität bei der frühen Resorption von Paracetamol sowohl zwischen Patienten als auch intraindividuell bei Paracetalgin niedriger ist als bei normalen Paracetamol-Tabletten (p >< 0,0001). Die maximale Plasmakonzentration werde nach 25 Minuten erreicht.

Paracetamol gibt es übrigens (nicht nur von Ratiopharm) auch als Brausetabletten. Die Tabletten werden also bereits zerfallen eingenommen. Dort heißt es in der Fachinformation allerdings nur, dass Paracetamol nach oraler Gabe rasch und 
vollständig resorbiert wird „Maximale Plasmakonzentrationen werden 30 bis 60 
Minuten nach der Einnahme erreicht.“

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