Morbus Paget- Ursachen, Symptome und Therapie

Osteodystrophia deformans: Paget-Krankheit der Knochen

Bei der chronischen Erkrankung des Knochenstoffwechsels Morbus Paget (Osteodystrophia deformans) liegt ein krankhaft erhöhter Knochenumbau vor, der zu verdickten, deformierten und brüchigen Knochen führt. Viele Betroffene bleiben lange Zeit symptomfrei, aber es können auch bohrende Knochenschmerzen sowie andere Beschwerden und schwerwiegende Folgeerscheinungen auftreten. Oftmals wird eine Diagnose erst relativ spät gestellt, was den Behandlungserfolg beeinträchtigen kann. Die Therapie bei Morbus Paget umfasst neben schmerzstillenden Arzneimitteln vor allem die Verabreichung von neueren Bisphosphonaten, um die Knochenresorption zu hemmen.

Wichtiger Hinweis: Der Begriff Morbus Paget wird synonym für zwei unterschiedliche Krankheitsbilder verwendet. Bei dem einen handelt es sich um eine Erkrankung der weiblichen Brustdrüse (Paget-Karzinom) bei dem anderen um eine Knochenerkrankung, die auch als Osteodystrophia deformans oder Ostitis deformans bezeichnet wird. Der folgende Artikel umfasst ausschließlich die Knochenkrankheit.

Inhaltsverzeichnis

Ein kurzer Überblick

Neben den untenstehenden umfassenden Informationen zur Knochenkrankheit Morbus Paget, fasst die folgende kurze Übersicht die wichtigsten Fakten dieser relativ selten diagnostizierten Krankheit zusammen:

  • Definition: Osteodystrophia deformans ist eine chronische Erkrankung des Skelettsystems, welche einen gestörten Knochenstoffwechselvorgang mit sich bringt. Ein krankhaft erhöhter Knochenumbau führt zu einer allmählichen Verdickung und Verformung betroffener Knochen, die zudem eine geringere Belastbarkeit und Stabilität aufweisen.
  • Symptome: Die Erkrankung verläuft bei etwa 90 Prozent der Erkrankten langfristig symptomfrei. Machen sich allmählich Beschwerden bemerkbar, sind erste Leitsymptome lokale und tiefgehende Knochenschmerzen und möglicherweise auch andere Schmerzen und Beschwerden. Die Deformierungen können sichtbar werden und die krankhaften Prozesse sind teilweise in Form von Wärme durch die Haut spürbar.
  • Ursachen: Die Ursachen sind bislang ungeklärt. Es werden erbliche Komponenten in Verbindung mit einer unbekannten Virusinfektion als Auslöser diskutiert.
  • Diagnose: Eine Diagnose ist nicht selten erst spät oder gar nicht möglich. Liegt bereits die Vermutung auf Morbus Paget vor, dienen in erster Linie eine Röntgenuntersuchung, eine Knochenszintigraphie und eine Blutuntersuchung der weiteren Diagnosestellung.
  • Behandlung: Zur Symptomlinderung und Hemmung des Knochenumbaus kommen vor allem medikamentöse Therapien mit Bisphosphonaten und Calcitoninen zum Einsatz. Unter Umständen können zudem auch Schmerzmittel oder, in schwerwiegenden Fällen, operative Eingriffe in Betracht kommen. In der Regel wird die Behandlung ergänzt mit der Einnahme von Vitamin D und Kalzium sowie mit Physiotherapie.

Definition

Die Bezeichnung Osteodystrophia deformans (auch Osteitis deformans) bedeutet „Deformierung der Knochen“, womit das Krankheitsbild bereits grob umschrieben wird. Die synonym verwendeten Begriffe Morbus Paget, Paget-Krankheit oder Paget-Syndrom beziehen sich auf den erstbeschreibenden Chirurgen und Pathologen namens James Paget aus England, wo die Krankheit tatsächlich am häufigsten auftritt. Der Erstbeschreiber bezog sich im 19. Jahrhundert auf eine zunehmende Hutgröße als erstes Anzeichen.

Heutzutage definiert man Morbus Paget als eine chronische Erkrankung des Skelettsystems, welche einen gestörten Knochenstoffwechselvorgang mit sich führt und in einem oder mehreren Bereichen auftritt. Die krankhaften Veränderungen bedingen einen unorganisierten Knochenumbau und eine allmähliche Verdickung und Verformung der betroffenen Knochen. Zudem kommt es zu einer geringeren Belastbarkeit und Stabilität der veränderten Knochenstruktur.

Die Krankheit tritt in aller Regel erst bei älteren Menschen auf, insbesondere nach dem 40. beziehungsweise nach dem 55. Lebensjahr. Die meisten Krankheitsfälle finden sich in Nordeuropa (vor allem England und mit Ausnahme von Skandinavien). In Asien und Afrika ist ein Auftreten von Osteodystrophia deformans hingegen nur sehr selten. Insgesamt sind häufiger Männer als Frauen betroffen. Im Allgemeinen zählt die Erkrankung zu den selten auftretenden Osteopathien (krankhaften Knochenveränderungen). Allerdings wird eine hohe Dunkelziffer vermutet.

Symptome und mögliche Folgeerscheinungen

Bei etwa 90 Prozent der an Morbus Paget Erkrankten ist ein langfristig symptomfreier Krankheitsverlauf zu beobachten. Bei den übrigen zehn Prozent entwickeln sich die Beschwerden in einem allmählich fortschreitenden Prozess.

Die ersten Hauptsymptome sind lokale Knochenschmerzen, die oft als tiefgehende Schmerzen empfunden werden. Manchmal sind die zunächst entzündlichen Vorgänge und krankhaft erhöhten Stoffwechselprozesse durch die Haut in Form von Wärme spürbar (Überwärmung). Betroffen sind zumeist stark belastete Knochen wie das Becken, die Beinknochen, die Wirbelsäule, die Oberarmknochen und teilweise auch die Kieferknochen. Aber auch am Schädelknochen äußert sich die Krankheit häufig.

Der veränderte und instabile Knochenaufbau führt nicht selten zu (sichtbaren) Deformierungen, schmerzhaften Knochenschäden und möglicherweise auch zu Knochenbrüchen. Als eine weitere Folge können sich Arthrosen ausbilden, die zu Gelenkschmerzen führen. Die mit den Deformierungen möglicherweise einhergehenden Fehlbelastungen können zudem Muskelschmerzen verursachen, die durch Muskelkrämpfe oder Muskelverhärtungen hervorgerufen werden.

Kommt es durch die Auftreibung der Knochen zu einem überhöhten Druck auf Nerven, können in schweren Fällen auch deren Funktionen beeinträchtigt werden. Als sekundäre Beschwerden können dann beispielsweise im Bereich der Wirbelsäule Ischiasschmerzen, Rückenschmerzen und Kreuzschmerzen auftreten. Bei einem Befall des Schädels können verschiedene Faktoren, wie Schallempfindungsstörungen oder Schalleitungsstörungen, sogar eine Schwerhörigkeit (Hypakusis) bedingen.

Eine seltene (weniger als ein Prozent) Komplikation besteht in der Entstehung eines bösartigen Tumors (Knochenkrebs). Bei diesen wenigen Fällen handelt es sich meist um ein sekundäres Osteosarkom. Ebenfalls sehr selten kommt es zu Herzüberlastungen durch einen erhöhten Blutfluss.

Bei etwa zehn bis fünfzehn Prozent der Erkrankten führt der erhöhte Kalziumbedarf für die vermehrte Knochenbildung zur Ausbildung eines sekundären Hyperparathyreoidismus (Nebenschilddrüsenüberfunktion) und einer Hypokalzämie (Kalziummangel) beziehungsweise Hyperkalzämie (Kalziumüberschuss). Beim Vorliegen eines Hyperparathyreoidismus wird das Nebenschilddrüsenhormon (Parathormon) vermehrt gebildet, um den Kalzium-Spiegel im Blut zu regulieren.

Ursachen

Die Entstehung der Krankheit ist noch ungeklärt. Bislang ist es Fachexperten gelungen, mehrere genetische Mutationen zu identifizieren, die mit der Entwicklung und Aktivität von sogenannten Osteoklasten in Zusammenhang stehen. Die häufig großen und mehrkernigen Osteoklasten verursachen eine Resorption von Knochengewebe und zeigen bei den an Morbus Paget Erkrankten eine vermehrte Aktivität. Die Kapazität der Osteoklasten kann ein Vielfaches der sogenannten Osteoblasten betragen, die wiederum für die Bildung von Knochengewebe verantwortlich sind.

Des Weiteren lassen genaue Betrachtungen der befallenen Knochen eine virale Infektion vermuten. Somit wird davon ausgegangen, dass bei einer gewissen genetischen Prädisposition ein unbekanntes Virus die abnorme Osteoklastenaktivität auslöst, die wiederum die spezifischen Knochenschäden verursacht. Ein Nachweis für diese Theorie konnte aber bisher noch nicht erbracht werden.

Diagnose

Fallen bereits deformierte Gliedmaße auf (meist asymmetrisch), kommt relativ schnell der Verdacht auf Osteodystrophia deformans auf. Da aber bei vielen Patientenfällen über lange Zeit keine Beschwerden auftreten oder sichtbar werden und ein charakteristisches klinisches Bild fehlt, kommt es oft gar nicht oder erst spät oder zu einer Vermutung und einer Diagnose von Morbus Paget.

Um eine vermutete Paget-Krankheit zu diagnostizieren werden in aller Regel zuerst Röntgenaufnahmen gemacht. Dieses bildgebende Verfahren ermöglicht ein relativ frühzeitiges Erkennen des Knochenabbaus (Osteolyse). Auch Befunde wie Verformungen oder Verdickungen der betroffenen Knochen oder aber Osteoporose können mittels der Röntgenbilder erstellt werden. Die Knochenszintigraphie ist ein weiteres bildgebendes Verfahren aus der nuklearmedizinischen Diagnostik, durch welches zudem ein erhöhter Knochenumbau sichtbar gemacht werden kann.

Meistens wird zur weiteren Diagnosesicherung eine Blutuntersuchung durchgeführt, bei der bestimmte Enzyme (alkalische Phosphatasen) im Serum bestimmt werden. Bei einem Großteil der an Morbus Paget Erkrankten, die sich noch nicht in Therapie befinden, lassen sich für diese Enzyme erhöhte Werte feststellen. Daneben können auch andere Marker auf eine erhöhte Knochenresorption hinweisen, wie zum Beispiel das sogenannte C-terminale Telopeptid (CTX) im Serum oder freigesetzte Aminosäuren (Hydroxyprolin) im Urin.

Eine Knochenbiopsie kann in zweifelhaften Fällen oder aber bei einem komplizierten Krankheitsverlauf mit vermutetem Osteosarkom in Betracht kommen. So können außerdem bei bestimmten Komplikationen noch weiterführende Untersuchungstechniken wie die Computertomographie und die Magnetresonanztomographie indiziert sein.

Behandlung

Über lange Zeit galt die Erkrankung als nicht oder nur eingeschränkt behandelbar. Heutzutage wird individuell abgestimmten und vor allem frühzeitig begonnenen Therapien eine relativ hohe Erfolgsrate zugerechnet, um das Fortschreiten der Krankheit zu verzögern. Bereits bestehende Defizite sind aber oft irreversibel.

Das Ziel einer jeden Behandlung ist, die Schmerzen und Symptome zu lindern und wenn möglich auch den Knochenabbau zu verringern sowie drohenden Komplikationen vorzubeugen. Die jeweiligen individuellen Ausprägungen bestimmen die Prioritäten eines Therapiekonzepts. So ist meistens das erste Ziel die Knochendeformierungen zu verringern, wenn mechanisch stark belastete Knochen betroffen sind (zum Beispiel das Becken oder die Beine). Dahingegen kann es bei einem Befall der Wirbelsäule oder des Schädels ein erstes Ziel sein, mögliche Nervenschäden zu verhindern.

Bei der Behandlung wird in aller Regel eine medikamentöse Therapie eingesetzt, vor allem unter Verwendung von Bisphosphonaten und Calcitoninen. Diese Medikamente sollen die Osteoklastenaktivität und die dadurch hervorgerufene Knochenresorption hemmen. Die erste Wahl fällt zumeist auf ein Bisphosphonat, wie zum Beispiel Etidronat, Pamidronat oder Zolendronat. Kommt es zu einer Intoleranz oder Resistenz gegenüber einem Bisphosphonat, wird häufig auf synthetisches Lachs-Calcitonin zurückgegriffen. Die neueren Bisphosphonate (beispielsweise Zolendronat) sind meist effektiver und länger wirksam.

Wichtig ist in jedem Fall eine rechtzeitige und regelmäßige Einnahme der Medikamente. Einige Bisphosphonate können für eine langfristige Wirkung (bis zu einem Jahr) auch intravenös verabreicht werden. Eine Verlaufskontrolle dieser Therapie wird meist, wie bereits bei der Diagnose, mit Hilfe einer Blutuntersuchung durchgeführt. Durch die Bestimmung der alkalischen Phosphatasen kann die Aktivität der Osteoklasten im Krankheitsverlauf abgeschätzt werden.

Bei bestehenden Schmerzen werden zumeist zusätzlich schmerzlindernde und entzündungshemmende Medikamente wie Nichtsteroidale Antirheumatika oder ähnliche Arzneimittel eingesetzt.

Vielen Betroffenen kann in Ergänzung eine gezielte Physiotherapie helfen, entstehenden Fehlbelastungen entgegenzuwirken und die generelle Beweglichkeit zu erhalten. Zur weiteren Symptomlinderung werden vor allem bei älteren Betroffenen auch andere Behandlungen, wie eine Ölmassage oder eine Elektrotherapie, hinzugezogen.

Die körperlichen Beeinträchtigungen können allerdings auch so stark sein, dass die Möglichkeit einer Operation in Betracht gezogen wird. Mögliche chirurgische Verfahren sind dabei die Osteotomie, bei der Knochen durchtrennt und neu fixiert werden, oder ein Knochen- beziehungsweise Gelenkersatz durch Endoprothesen.

Aufgrund des erhöhten Kalziumbedarfs für den beschleunigten Knochenumbau und des möglicherweise entstehenden Kalziummangels, wird den Betroffenen häufig zu einer ergänzenden Einnahme von Kalzium und Vitamin D angeraten. Vitamin D (oder auch das Prohormon Cholecalciferol) wirkt unter anderem auf den Kalzium-Stoffwechsel und stärkt dadurch die Knochen.

Naturheilkundliche Behandlung

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