Schon 68 Corona-Infizierte: Stadt sieht Familienfeiern als Ursprung

Nach dem Coronavirus-Ausbruch in der niedersächsischen Stadt Göttingen mit knapp 70 Infizierten hat der Krisenstab der Landesregierung jetzt möglichen Quarantäne-Brechern mit einer Einweisung gedroht. Wer sich nicht an eine Quarantäne-Auflage halte, begehe eine Straftat und könne vom Gericht in eine geschlossene Einrichtung überstellt werden.

Das sagte die stellvertretende Leiterin des Krisenstabs, Claudia Schröder, am Dienstag in Hannover.

Nach einem Corona-Ausbruch in Göttingen geht die Stadt weiter davon aus, dass sich die Betroffenen vor allem bei Treffen in privaten Räumlichkeiten mit dem Virus angesteckt haben. "Wir wissen, dass das Ausbruchsgeschehen mit mehreren privaten Familienfeiern in Zusammenhang steht", sagte Stadtsprecherin Cordula Dankert am Dienstag. Auch was in einer illegal geöffneten Shisha-Bar passierte, wird untersucht.

Coronavirus soll sich in Göttinger Shisha-Bar verbreitet haben

Einem Medienbericht zufolge, wonach sich das Coronavirus mutmaßlich beim Zuckerfest (Fest des Fastenbrechens) am 23. oder 24. Mai in einer Göttinger Moschee verbreitet haben soll, konnte sie nicht bestätigen. Die Rolle einer Shisha-Bar, die unerlaubt geöffnet war und der nun ein Bußgeld droht, ist ebenfalls unklar. "Wir gehen allen Hinweisen nach, die wir haben, und versuchen ein möglichst umfassendes Bild zu bekommen", so Dankert.

Aber: "Oberste Priorität hat im Moment die Nachverfolgung der Infektionsketten." Dennoch werde geprüft, ob Betroffene gegen Hygiene- und Abstandsregeln verstoßen haben. Aktuelle Angaben zur Zahl der Infizierten und Menschen in Quarantäne wollte die Stadt am Dienstagabend veröffentlichen.

68 Menschen positiv auf Covid-19 getestet

Bislang sind mindestens 68 Menschen positiv auf Sars-CoV-2 getestet worden. Die Ergebnisse weiterer Tests stünden noch aus, teilte die Stadt am Montagabend mit. Eine Person werde weiterhin stationär behandelt. Insgesamt seien bisher 156 Tests durchgeführt worden, davon alleine 55 am Montag.

Die Behörden in Göttingen arbeiten mit Hochdruck daran, alle Personen ausfindig zu machen, die mit den Infizierten Kontakt hatten. 203 Kontaktpersonen ersten Grades seien in Stadt und Landkreis Göttingen identifiziert worden, hieß es. Alle hätten eine Quarantäneverfügung erhalten und sind aufgefordert sich testen zu lassen. Weitere Kontakte hätten sich etwa in Salzgitter, Osnabrück oder dem Eichsfeld Kreis gefunden. Diese seien informiert worden.

Corona-Ausbruch hat Folgen für 13 Schulen

Ein Corona-Ausbruch in Göttingen hat auch weitrechende Folgen für mehrere hundert Schüler. Unter den Kontaktpersonen ersten Grades befänden sich auch 57 Kinder und Jugendlichen, teilte die Stadt am Montagabend mit. In 13 Schulen müssten die Sicherheitsvorkehrungen daher angepasst werden.

Dazu zähle unter anderem die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes auf dem Schulgelände und in den Gebäuden, ausgenommen sind Klassenräume, hieß es. Zudem würden die Schulen verstärkt auf Krankheitsanzeichen achten. Sollte ein Schüler positiv auf das Coronavirus getestet werden, erhielten alle Mitschüler sowie deren Lehrkräfte als Kontaktpersonen ersten Grades eine Quarantäneverfügung.

Zunächst war von 36 Infizierten die Rede

Was genau in der Shisha-Bar passierte, ist noch unklar. Fest stand am Pfingstmontag nach Angaben einer Sprecherin der Stadt Göttingen bisher nur: Die Bar hatte geöffnet, obwohl sie es wegen der Corona-Auflagen eigentlich noch nicht durfte. Und: Mehrere Menschen, die später an Covid-19 erkrankten, waren zuvor in der Bar. Sie sollen dort gemeinsam aus einer Wasserpfeife geraucht haben, wie die "HAZ" berichtet. Die Leiterin des Göttinger Krisenstabes, Petra Broistedt, erklärte laut der Zeitung, das Verhalten der Männer sei eine "Katastrophe" gewesen. "Die Bar wurde geschlossen, nun wird ein Bußgeldverfahren geprüft", sagte Stadtsprecherin Cordula Dankert.

Am Pfingstmontag arbeiten die Behörden in Göttingen weiter mit Hochdruck daran, alle Personen ausfindig zu machen, die mit den Erkrankten Kontakt hatten. Bis zum Mittag waren insgesamt 310 Menschen identifiziert worden, darunter Dutzende Kinder und Jugendliche, die nun alle in strenge Quarantäne müssen. "Sie dürfen ihre Wohnungen nicht verlassen, auch nicht zum Einkaufen", betonte Stadtsprecherin Cordula Dankert. Zunächst war von 36 Corona-Infizierten die Rede gewesen.

"Es wäre unangemessen, deswegen das komplette Haus zu isolieren"

Viele der Betroffenen, die sich ansteckten, leben in einem eher tristen Hochhauskomplex in der Unistadt, dem Iduna-Zentrum in der Nähe des Schützenplatzes. Broistedt, sagte dem "Göttinger Tageblatt": "Wir wissen von 60 Kontaktpersonen, die im Iduna-Zentrum leben." Wird nun das ganze Hochhaus mit allen rund 700 Bewohnern unter Quarantäne gestellt, wie es bei einem Fall vor einigen Wochen in Nordrhein-Westfalen passierte? "Es wäre unangemessen, deswegen das komplette Haus zu isolieren", sagte Broistedt der Zeitung. Swen Pförtner/dpa Das Iduna-Zentrum im Stadtzentrum von Göttingen

Außer in der illegal geöffneten Shisha-Bar soll sich ein Großteil der anderen Betroffenen bei oder nach mehreren größeren privaten Familienfeiern infiziert haben. Die Krisenstabsleiterin sagte, Familienverbände mit überregionalem Bezug aus weiten Teilen Niedersachsens und NRW hätten sich offensichtlich am vergangenen Wochenende getroffen. Dabei sei das Distanzgebot nicht eingehalten worden. Am Dienstag seien die ersten Infektionen festgestellt worden.

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Coronavirus-Ausbruch in Göttingen: "Wir nehmen die Situation sehr ernst"

Alle Kontaktpersonen müssen sich nun testen lassen. Allein: Einige Menschen erschienen nach Angaben der Stadt trotz mündlicher Aufforderung durch das Gesundheitsamt nicht zum Test. Nun folgt die Einladung schriftlich, bei Nichterscheinen droht ein Bußgeld.

Und was sind nun die Konsequenzen aus dem Fall? In Göttingen will die Stadt zunächst die Ergebnisse aller Tests abwarten, bevor darüber entschieden wird. "Es kommt darauf an, wie die Tests verlaufen. Wir nehmen die Situation sehr ernst, aber alle weiteren Maßnahmen hängen davon ab, wie die Testergebnisse aussehen", sagte Stadtsprecherin Dankert.

Die niedersächsische Landesregierung sieht trotz der neuen Corona-Fälle in Göttingen bisher keine Notwendigkeit, vom Lockerungskurs abzurücken. "Das Geschehen ändert an unserem Stufenplan im Moment nichts", sagte am Pfingstmontag die stellvertretende Regierungssprecherin Kathrin Riggert.

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