Peter Piot ist ein angesehener Seuchenmediziner und Direktor der „London School of Hygiene and Tropical Medicine“. Er weiß, was Viren im Körper anrichten können. In den Siebzigerjahren entdeckte Piot zusammen mit anderen Forschern das Ebola-Virus, einen Auslöser des gefürchteten hämorrhagischen Fiebers. Seine gesamte Karriere verschrieb er dem Kampf gegen gefährliche Infektionskrankheiten, darunter HIV. In den Neunzigerjahren leitete er für vier Jahre lang die internationale Welt-Aids-Konferenz, später wurde er zum Direktor des Anti-HIV-Programms der Vereinten Nationen ernannt.
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Doch nun wurde er, der seit Jahrzehnten Jagd auf Viren macht, selbst zum Gejagten, wie er sagt: Mitte März erkrankte Piot, 71 Jahre alt, an Covid-19. Das Virus hätte ihn beinahe umgebracht. Noch heute habe er mit Spätfolgen zu kämpfen, berichtete er kürzlich im Gespräch mit der „New York Times“. Er hat Atemnot, längere Gespräche, aber auch Treppensteigen bereiten ihm Probleme.
Rückblickend betrachtet habe er den Erreger „unterschätzt“, verriet er gegenüber der Zeitung. Zunächst habe er gedacht, der Erreger sei wie das Sars-Virus, das sich nur sehr begrenzt ausgebreitet hatte, oder ähnele der Grippe. „Doch es entspricht keinem von beiden.“ Piot ist im Kampf gegen das Coronavirus eine wichtige Schlüsselfigur und fungiert als Berater von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Wo er sich mit dem Coronavirus angesteckt haben könnte, weiß Piot bis heute nicht. Mitte März – zu dem Zeitpunkt als er erkrankte – zählte Großbritannien einige Hundert bestätigte Corona-Infektionen. Der Virologe hatte in den Tagen zuvor auf Händeschütteln verzichtet, ging aber sonst einem normalen Alltag nach. Am 16. März verlagerten er und seine Frau die Arbeit ins Home-Office. Drei Tage später, am Abend des 19. März entwickelte er plötzlich hohes Fieber und einen „stechenden Kopfschmerz“.
„Mein Schädel und meine Haare schmerzten, was bizarr war. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt zwar noch keinen Husten, aber mein erster Gedanke war: Ich habe es“, berichtet Piot in einem Protokoll, das von der Fachzeitschrift Science veröffentlicht wurde. Sein Verdacht bestätigt sich – ein Test auf das Coronavirus fällt positiv aus.
„Völlige Erschöpfung. Ich werde dieses Gefühl nie vergessen“
Piot, der sich selbst als „geborenen Optimisten“ bezeichnet, versucht zunächst, die Situation nicht zu dramatisch zu sehen. Er führt ein gesundes Leben, geht regelmäßig laufen. Sein einziger Risikofaktor ist sein Alter. Doch die Krankheit erwischt ihn mit voller Wucht: „Ich fühlte mich ständig erschöpft, während ich normalerweise geradezu vor Energie sprühe. Es war aber nicht nur Müdigkeit, sondern völlige Erschöpfung“, so Piot. „Ich werde dieses Gefühl nie vergessen.“
Auf Anraten eines befreundeten Arztes lässt sich der Virologe im Krankenhaus untersuchen. Dort folgt die ernüchternde Diagnose: Der Virologe leidet an einer schweren Lungenentzündung, zu der sich bereits bakterielle Erreger gesellt hatten. Auch ist die Sauerstoffsättigung in seinem Blut extrem niedrig. Piot kommt auf die Intensivstation, wo er Sauerstoff über eine Maske erhält. Das Zimmer teilt er sich mit einem Obdachlosen, einer Putzkraft aus Kolumbien und einem Mann aus Bangladesch. Es sei dort sehr still gewesen, erinnert sich Piot. Niemand habe die Kraft zum Reden gehabt.
Eine Woche schwebt der Virologe zwischen Leben und Tod – viel Zeit zum Nachdenken. „Sie haben mich erwischt“, habe er manchmal gedacht. „Ich habe mein Leben dem Kopf gegen Viren gewidmet, und nun bekommen sie ihre Rache.“
Das Krankenhaus kann er schließlich am 8. April verlassen. Statt ein Taxi zu nehmen, fährt er mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause. Er will seine Heimatstadt London erleben, fährt vorbei an geschlossenen Pubs und Geschäften. Überrascht ist er von der sauberen Luft.
Vor Viren habe er immer großen Respekt gehabt, berichtet Piot, obwohl er in jüngeren Jahren nie ernsthaft erkrankt war. Diesen Respekt habe er auch heute noch. Dennoch habe die Erfahrung sein Leben verändert, er fühle sich verletzlicher.
Wie Piot der „New York Times“ berichtet, kann er im Moment noch nicht wieder arbeiten. Die Spätfolgen quälen ihn noch immer, und seine Ärzte haben ihm Ruhe verordnet.
Seinen Optimismus hat er dennoch behalten: „Im Jahr 1972, als wir Blutproben von Patienten nahmen, war die Schutzausrüstung ein Witz. Ich überlebte einen Helikopter-Unfall. Aber diese Sache war anders. Ich denke, dem Tod ins Auge zu blicken und zu überleben, ist eine gute Sache – es bringt dich dazu über das nachzudenken, worauf es im Leben ankommt, welche Menschen wichtig sind.“
Quellen: New York Times / Science
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