Wie verbreitet ist das Coronavirus? RKI startet gewaltiges Test-Programm

Um zu ermitteln, wie viele Menschen in Deutschland bereits eine Sars-CoV-2-Infektion durchgemacht haben, startet das Robert-Koch-Institut nun drei große Antikörperstudien. Damit will es die Verbreitung des Virus besser abschätzen. Mit ersten Ergebnissen rechnen die Wissenschaftler bereits im Mai.

In Deutschland ist eine Infektion mit Sars-CoV-2 meldepflichtig. Dennoch spiegeln die offiziellen Meldezahlen, wie sie etwa die Bundesländer oder das Robert-Koch-Institut veröffentlichen, nur einen Teil der tatsächlichen Infektionen wider. Der Grund: Nicht jeder Infizierte entwickelt so starke Symptome, dass er damit zum Arzt geht. Und: Nicht jeder mit Symptomen wird getestet.

Hinzu kommt, dass sich mit den derzeit eingesetzten PCR-Tests nur eine akute Infektion nachweisen lässt – nicht, ob die Person das Virus bereits hatte und nun wieder genesen ist. Um das tatsächliche Ausmaß der Corona-Epidemie in Deutschland abzuschätzen, müsste genau das jedoch klar sein. Nur so könnten Wissenschaftler klare Aussagen über die tatsächlichen Infektions- und Sterberaten treffen.  

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 „Erwarten uns ein genaueres Bild über das Sars-CoV-2-Geschehen in Deutschland“

Wissenschaftler des Robert-Koch-Instituts wollen nun für Klarheit sorgen. Mit mehreren groß angelegten, bundesweiten Studien wollen die Experten herausfinden, wie viele Menschen in Deutschland bereits eine Sars-CoV-2-Infektion durchgemacht haben. Also, wer, zumindest für eine gewisse Zeit, immun gegen das Virus ist.

Sie wollen untersuchen, ob sich im Blut der Studienteilnehmer Antikörper gegen Sars-CoV-2 nachweisen lassen. Das sei ein sicherer Hinweis auf eine durchgemachte Infektion. „Von diesen Studien erwarten wir uns ein genaueres Bild über das Sars-CoV-2-Geschehen in Deutschland“, erklärte Lothar Wieler, der Präsident des RKI, am Montag. „Die Ergebnisse der Antikörper-Studien sind von großer Bedeutung, um den Verlauf und Schwere der Pandemie genauer abschätzen und die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen besser bewerten zu können.“

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Statistikerin Katharina Schüller:  „Genau der richtige Weg“

Auch Statistikerin Katharina Schüller, die sich bereits seit mehreren Wochen für die Durchführung repräsentativer Tests einsetzt, hält dieses Vorgehen für sehr sinnvoll. „Das RKI geht mit diesen interdisziplinär durchgeführten, repräsentativen Tests genau den richtigen Weg“, betonte sie gegenüber FOCUS Online.

„Wir Statistiker plädieren international seit Wochen für derartige Studien, um die Ausbreitung und Dynamik von SARS-CoV2 zu verstehen und die Effektivität der Maßnahmen zu beurteilen. Endlich kommen wir weg von den Meinungen und hin zu belastbaren Daten.“ Die Statistikerin startete bereits eine Petition, um auf das Thema aufmerksam zu machen.

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Drei bundesweite Antikörperstudien

Die Wissenschaftler wollen drei verschiedene Studien durchführen. „Die Probanden werden nach bevölkerungsrepräsentativen Stichpunkten ausgewählt", erklärt das Institut gegenüber FOCUS Online. Freiwillige könnten sich deshalb nicht melden, um an der Studie teilzunehmen. Bei der Laboranalytik arbeitet das RKI eng mit dem von Christian Drosten geleiteten Institut für Virologie der Charité zusammen.

Serologische Untersuchung an Blutspendern

Eine erste serologische Untersuchung (Test auf Antikörper) soll bereits kommende Woche stattfinden. In Zusammenarbeit mit den Blutspendediensten werden Blutproben von Erwachsenen aus ganz Deutschland auf Antikörper untersucht. Alle 14 Tage wollen die Wissenschaftler etwa 5000 Blutproben analysieren. Sie rechnen bereits Anfang Mai mit ersten Ergebnissen.

Seroepidemiologische Studien an besonders betroffenen Orten

Desweiteren werden die Wissenschaftler Stichproben an sogenannten „Hotspots“ durchführen, also an besonders betroffenen Orten, um die Immunitäten in der Bevölkerung vor Ort abschätzen zu können. Dabei werden in jedem Ort rund 2000 Probeanden mehrfach untersucht und zu klinischen Symptomen, Vorerkrankungen, Gesundheitsverhalten, Lebensumstände und psychischer Gesundheit befragt. 

Die Studie soll Mitte April beginnen, ab Mai rechnen die Wissenschaftler mit ersten Ergebnissen.

Die Orte für die Stichproben an besonders betroffen Landkreisen und für die bundesweite Studie konnte das RKI auf Anfragen von FOCUS Online noch nicht nennen. Die „Hotspot“-Studien sollen gemeinsam mit Wissenschaftlern um Gérard Krause vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig durchgeführt werden.

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Bundesweite bevölkerungsrepräsentative seroepidemiologische Studie

In einer dritten Studie planen die Wissenschaftler, die Verbreitung von Antikörpern in einer bundesweiten repräsentativen Stichprobe zu ermitteln. Dazu sollen 15.000 Personen ab 18 Jahren an 150 Studienorten untersucht werden. Zudem werden die Teilnehmer zu klinischen Symptomen, Vorerkrankungen, Gesundheitsverhalten, Lebensumstände und psychischer Gesundheit befragt. Studienbeginn ist voraussichtlich Mitte Mai 2020, erste Ergebnisse erwarten die Wissenschaftler im Juni 2020.

Die Wissenschaftler hoffen, mit den drei Studien die tatsächliche Verbreitung des Virus, die Immunität, den Anteil der asymptomatischen Infektionen, die tatsächliche Sterberate und die Risikofaktoren für einen schweren Verlauf in der Bevölkerung in Deutschland besser abschätzen zu können.

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