Hoffnung schöpfen – Anleitung für mehr Zuversicht

Wieder Hoffnung schöpfen

Unter Hoffnung verstehen wir heute eine positive Erwartungshaltung, gemeinhin, ohne dass dazu ein objektiver Grund besteht. Hoffnung ist so das Gegenteil von Verzweiflung und hängt doch eng mit dieser zusammen. In der Regel hoffen wir, wenn etwas nicht gewiss ist oder sogar, wenn praktische Methoden, ein Ziel zu erreichen, versagt haben. Wie überwinden wir aber Verzweiflung und schöpfen Hoffnung? Dazu der folgende Überblick:

  • Hoffen kann ebenso einen aktiven wie einen passiven Zustand beschreiben.
  • Aktiv hoffen bedeutet, ein wichtiges Ereignis, Geschehnis oder Ziel am Horizont zu sehen, zu wünschen, dass dieses eintritt, daran auch zu glauben, aber zu wissen, dass die eigenen Möglichkeiten, es zu erreichen, beschränkt sind.
  • Hoffen kann die Selbstheilung des Körpers fördern.
  • Wer aktiv hofft, sucht nach unkonventionellen Wegen, um sein Ziel zu erreichen. Aktiv Hoffen motiviert.
  • Wer passiv hofft, versperrt sich hingegen eigener Aktivität, die eine prekäre Situation verbessern könnte.

Inhaltsverzeichnis

Hüpfen und zappeln

Hoffen stammt vom niederdeutschen Wort hopen, was hüpfen bedeutet, deutlich noch heute im englischen hop. Übertragen hüpft also der Hoffende in freudiger Erwartung auf etwas Kommendes. Er steht der Zukunft positiv gegenüber, im Unterschied zum Hoffnungslosen, dem die Zukunft schwarz erscheint. Während Verzweiflung das Gegenstück zur Hoffnung darstellt, begleiten Angst und Sorge unsere Hoffnungen.

Selten ist Hoffnung absolut. Zur Erwartung, dass die Zukunft positiv ausfällt, gesellt sich die Angst, dass diese Hoffnung trügen könnte. Unberechtigte Hoffnungen bezeichnen wir als Illusionen. Hoffnung leitet auf ein Ziel hin, sie bedeutet Vertrauen, das mit einem subjektiven Interesse auf erfreuliche Möglichkeiten der Zukunft einhergeht.

Das Prinzip Hoffnung

Hoffnung im religiösen Sinn gehört zu den Leitmotiven des Christentums und geht hier mit festem Glauben an den allmächtigen Gott einher. Im 20. Jahrhundert definierte hingegen Ernst Bloch Hoffnung philosophisch. Bloch sieht Hoffnung zwar auch als eine in die Zukunft gerichtete Erwartung, die aus dem biologischen Antrieb zur Selbsterhaltung resultiert, geht aber darüber hinaus. Denn in der Hoffnung verbände sich diese Erwartung mit der reflektierenden Vernunft, die gewünschten Ziele auch in der Realität zu erreichen.

Diese Art von Hoffnung ist kein passives Unterwerfen unter einen fiktiven Gott, sondern ein aktives Handeln in der Welt. Sie bedeutet, sich mit einem Problem auseinanderzusetzen, Veränderungen zu suchen und Handlungen einzuleiten, um das Problem zu beheben. Für Friedrich Nietzsche war Hoffnung hingegen das Übelste der Welt, weil sie die Qualen der Menschen verlängere.

Heutige Definitionen

Derzeitige Definitionen von Hoffnung sind sich in den wesentlichen Punkten darin einig, dass

  • Hoffnung positiv besetzt ist,
  • sich auf die Zukunft bezieht,
  • für die Hoffenden realistisch erscheint, unabhängig davon, ob andere dies auch so beurteilen, und unabhängig davon, dass die Realisierung große Mühen in Anspruch nähme,
  • Hoffnung verbunden mit Selbstkompetenz einen Ansatz der Psychotherapie bietet, um das eigene Potenzial auszuschöpfen, im Sinne von „Glaube an dich selbst“,
  • traditionelle Vorstellungen mit Hoffnung eher eine ausdauernde, dabei aber passive innere Haltung, also das Warten auf Hilfe von außen, bezeichnen,
  • andere Konzepte Hoffnung transzendent verorten als „Schicksal“, „kosmische Kraft“, den christlichen Gott, eine metaphysische Gerechtigkeit oder im Glauben an den technischen Fortschritt. Hier gibt es noch Unterschiede zwischen einem passiven Erwarten von Heil oder dem (magischen) Glauben, diese „kosmischen Kräfte“ gezielt anzapfen zu können.

Motivation

Charles Richard Snyder untersuchte in den 1980er Jahren, was Hoffen psychisch auslöst. Demnach sei Hoffen mit Nachdenken über Ziele verknüpft und bedinge so die Entschlossenheit, diese Ziele in Angriff zu nehmen. Hinzu komme der Optimismus, Wege zu finden, um diese Ziele zu erreichen. Er vermutete, dass Hoffen Menschen antreibt, sich auf ihr Ziel zu konzentrieren. Hoffnungsvolle ließen sich weniger entmutigen. Kommen sie nicht weiter, suchten sie nach alternativen Pfaden statt aufzugeben. In dieser Definition geht Hoffen einher mit Motivation. Hoffnungslosigkeit führe hingegen dazu, Ziele aufzugeben und sich alternativen Lösungen zu verweigern.

Snyder bezog sich dabei darauf, dass hoffnungsstarke Studierende bessere Noten hätten und ihr Studium besser abschlössen. Snyders Ansatz wurde in der Folge kritisiert, da sein Hoffnungsbegriff keine inhaltliche Trennung von Begriffen wie Optimismus, Selbstkontrolle oder Glauben an sich selbst zulasse. Zudem klammere er Hoffnungen aus, die Menschen gerade dann haben, wenn keine Möglichkeit in Sicht ist, gesetzte Ziele zu erreichen – ein Hoffnungsbegriff, auf den Nietzsche sich bezog, nach dem Hoffnung gerade dann einsetze, wenn es keine rationale Möglichkeit gibt, eine Situation zu verbessern.

Ein Erwartungsgefühl

Psychologisch ist Hoffen eine Erwartungsemotion. Wenn wir uns ein zukünftiges Geschehnis vorstellen, entwirft unser Gehirn ein bildliches Modell davon, im Positiven wie im Negativen – unabhängig von einer „objektiven Realität“. Das kann auch ein Angstbild sein – hier wäre die Erwartung negativ. Das Hoffnungsgefühl bedeutet jetzt zum einen die Überzeugung, dass dies positive Geschehnis möglich ist und zweitens entspringt es dem Wunsch, dass es eintritt.

Typisch für ein Hoffnungsgefühl ist zudem, dass der Wünschende keinen oder nur wenig Einfluss auf dieses Geschehen hat. Das gilt zum Beispiel für einen Arzt, der über einen krebskranken Patienten sagt, „es besteht Hoffnung“ und damit zugleich glaubt, dass der Krebs ausheilt und sich diese Heilung wünscht, allerdings weiß, dass seine eigenen Möglichkeiten, dazu beizutragen, beschränkt sind.

Motivierend oder demotivierend?

Ob Hoffen einen Menschen motiviert oder demotiviert, liegt daran, ob die Erwartungshaltung aktiv oder passiv ist. Eine aktive Hoffnung fördert die Motivation, indem sie negative Erwartungen ausblendet und doe Betroffenen inspiriert, Informationen zu sammeln, die das Erhoffte möglich machen – sogar dann, wenn konventionelle Methoden versagten.

Passiv Hoffen kann jedoch zum genauen Gegenteil führen. Statt selbst aktiv zu werden, warten die Hoffenden auf etwas, das außerhalb ihrer Kontrolle liegt. Dies gilt besonders für die religiöse Hoffnung, dass ein übernatürliches Wesen es schon richten wird. Dies gilt auch für Hoffen im Sinne von Illusionen machen, wo lediglich das gewünschte Ziel vor Augen steht, aber die Hoffenden gerade keine Schritte einleiten, um es herbeizuführen.

Kennzeichen von Hoffen sind dabei, dass das zukünftige Geschehnis für die Hoffenden erstens eine große Bedeutung hat, zweitens durch eigene Arbeit nur schwer erreicht werden kann und drittens, dass die Betroffenen Gefühle und Gedanken in das Ergebnis investieren, auch wenn die Aussicht, dass es eintritt, in Zweifel steht.

Wie kann sich Hoffen positiv auswirken?

Aktiv hoffen wirkt sich, Studien zufolge, positiv auf den beruflichen Erfolg aus und fördert das Erreichen von hoch gesetzten Zielen, an der Uni wie im Sport. Hoffen fördert das Wohlbefinden auch in prekären Situationen. Es mobilisiert die Selbstheilung des Körpers ähnlich wie ein Placebo.

Hoffen – Ein zweischneidiges Schwert

Aktiv hoffen, also ein Ziel im Auge zu haben trotz äußerer Widerstände, fördert das Erreichen dieses Ziels. Hoffen schafft die Ausdauer, die nötig ist, ein Ziel über längere Zeit zu verfolgen. Indessen gehört zum Gelingen eines Projektes auch das kritische Einschätzen der Realität. Wer sich nur an sein Hoffen und Wünschen klammert, kann auch in den Abgrund rutschen, weil er den Punkt verpasst, an dem von einem aussichtslosen Ziel abgelassen werden sollte.

Auch aktives Hoffen führt zum selektiven Wahrnehmen. Wir nehmen nur noch das auf, was uns in Richtung des angestrebten Ziels positiv erscheint und blenden Bedenken aus. Das ist zwar bis zu einem bestimmten Grad eine notwendige Sicherung des Gehirns, um nicht in Angst zu erstarren und handeln zu können, geht aber nahtlos in Selbsttäuschung über. Der kritische Punkt ist dann erreicht, wenn wir neue Erkenntnisse, die unserem positiv gefärbten Bild widersprechen, ausblenden oder sogar bekämpfen.

Hoffnung in Krisen schöpfen

In einer Lebenskrise kommen Menschen schnell an den Punkt, an dem „nichts mehr geht“. Verzweiflung breitet sich aus, wir fühlen uns unfähig, aus eigener Kraft jemals aus der Situation herauszukommen. Hier kann aktiv Hoffen zwar keine Wunder bewirken, aber uns leiten, die Krise zu bewältigen. Verzweiflung mag zwar berechtigt sein, ist aber, ebenso wie Hoffen, erst einmal ein subjektives Gefühl, unabhängig davon, ob die „objektive Situation“ wirklich zum Verzweifeln ist. Hoffen eignet sich, um eine Krise zu bewältigen, paradoxerweise, weil wir vorerst nichts tun müssen, als an einen positiven Ausgang zu glauben.

Der Punkt, zu hoffen, kommt dann, wenn wir verzweifelt sind. Wir stecken mittendrin im schwarzen Loch nach der Trennung von unserem Partner, nach dem Verlust des Arbeitsplatzes oder der Wohnung. Während wir Gefahr laufen, in unserem Leid steckenzubleiben, zeigt uns das Hoffen eine Perspektive. Das ist die wichtigste Funktion. Das ersehnte Ziel leuchtet am Horizont und zeigt uns, dass das gegenwärtige Tief in der Zukunft nicht von Dauer sein muss.

Wenn ich also die Hoffnung habe, dass ein anderer Zustand in der Zukunft möglich ist, tropfen langsam aber sicher die Ideen und Gedanken, was ich tun kann, um diesen Zustand zu erreichen.

Woraus können wir Hoffnung schöpfen?

Um Hoffnung zu schöpfen, ist kein religiöser Glaube erforderlich, hilfreich ist indessen, wenn sie Ethik und Werte verinnerlicht haben. Solche Werte bieten ihnen einen Halt und helfen, nicht den Mut zu verlieren. Hoffnung schöpfen können wir also am besten aus einem humanistischen Koordinatensystem und dem Bestreben, in einer lebenswerten Welt zu leben. Denn hoffen bedeutet, darauf zu vertrauen, dass Sinn in dem liegt, was wir tun. Demnach steht der Einsatz für eine humane Gesellschaft Verzweiflung ebenso entgegen wie Hoffnungslosigkeit. (Dr. Utz Anhalt)

Quellen
Ernst Bloch: Werkausgabe: Band 5: Das Prinzip Hoffnung. Frankfurt am Main 1985

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