Auszeit im Advent



Sie haben genug von Weihnachtsmärkten, -liedern und Geschenkewahnsinn? Drei Ziele im Norden, Osten und Süden Deutschlands, wo Sie jetzt zur Ruhe kommen können

Berge, Wälder, Burgen: Es gibt viele Möglichkeiten, dem Weihnachtstrubel zu entfliehen. Hier die Basteibrücke in der Sächsischen Schweiz

Mystische Einsamkeit im Elbsandsteingebirge: Die Sächsische Schweiz mit ihren Tafelbergen, Vulkankegeln und Schluchten ist ein Paradies fur Wintertrubel-Flüchter. Unwirklich und wunderbar einsam ist es dann im Grand Canyon des wilden Ostens. Während die Naturschönheiten zwischen Nebelschwaden oder unter Puderzucker-Schnee schlafen, hat man Wanderwege und Aussichtspunkte oft ganz für sich allein.

Also Thermoskanne in den Rucksack, warm einpacken und raus auf die Winterwanderwege. Wie Balsam legt sich dabei die Stille aufs Gemüt, etwa beim leichten Auf und Ab bei Hohnstein durch viel Wald zur Brandaussicht.

Glühwein vom Gaskocher

Nach etwa drei Kilometern öffnet sich das Panorama, der Blick schweift über skurrile Steinformationen, die Festung Königstein und viele sanfte Hügel, die mit dem Horizont verschmelzen. Noch spektakulärer, aber etwas länger ist die geführte Tour des Aktiv-Zentrums Sächsische Schweiz Bad Schandau: Immer samstags um 10 Uhr geht es in vier bis fünf Stunden zu wildromantischen Ausblicken – samt frischem Glühwein vom Gaskocher.

Mehr los ist im Dorf Schmilka mit restaurierten Fachwerkhäusern, Öko-Mühle, Bio-Brauerei und Elektroautos. Zudem kann der Besucher wählen zwischen wagenradgroßen Kuchen am Kaminfeuer, Klangschalenmeditation, Saunaritualen oder einem Bad in Holzbottichen. Überhaupt bietet die Region jede Menge Wellness-Oasen, zum Beispiel in Pirna, Bad Schandau oder Neustadt. Anti-Stress-Salzgrotten gibt es unter anderem in Berggießhübel, Königstein oder Bad Schandau.

Von Rapunzel inspiriert

Wem das für ein Auszeit-Wochenende zu viel ist, der fühlt sich in Rathen vielleicht wohler. Der Ort liegt am Fuß der Bastei, einer Felsformation mit toller Aussicht, wo es im Winter deutlich ruhiger zugeht als in den warmen Monaten. Jetzt steht Rathen im Zeichen der Märchen. Führungen erwecken Brunnenfiguren zum Leben, Restaurants kochen von Suppenkaspar und Rapunzel inspirierte Gerichte, freitags glüht der Feuerkorb direkt an der Elbe.

Flucht auf die Mini-Insel: Hallig Hooge

Schon der letzte Teil der Anreise zur Hallig Hooge verspricht Ruhe, Einsamkeit und Meer. In Schlüttsiel, rund 40 Kilometer nördlich von Husum, geht es auf die Fähre. Diese pflügt sich dann rund 75 meditative Minuten durchs Wasser. Eine heiße Schokolade oder ein Teepunsch wärmen von innen, die windund wasserdichte Kleidung ist bereit für ihren Einsatz.

Am besten geht es dick eingepackt erst mal rund um die Hallig. Zwölf Kilometer kann man auf dem Deich zwischen Himmel-Nordsee-Gemisch entlangspazieren, begleitet von Möwen und dem Geruch des Salzwassers. Hier spüren Besucher das Lebensgefühl der Hallig. Von einer Insel unterscheidet sie sich dadurch, dass sie bei einer Sturmflut überschwemmt werden kann – und das passiert im Winter durchaus mehrmals. Die Bewohner leben zum Schutz auf aufgeschütteten Hügeln, sogenannten Warften.

Wer mehr wissen will zu Wind, Wetter, Meer und Gezeiten: Auch in der kalten Jahreszeit führt die Schutzstation Wattenmeer Touristen über die Hallig oder durch das Watt zur zwei Kilometer entfernten Sandinsel Japsand. Auch die Nationalpark-Ausstellung samt Gezeitenaquarien gibt Einblicke in die Entstehung des Wattenmeers.

Gemütliche Friesenstube

Ingesamt haben jetzt aber nur wenige Sehenswürdigkeiten geöffnet. Das Königspesel etwa, eine vornehme Friesenstube aus dem 18. Jahrhundert mit Holland- Fliesen, Kunstschätzen, Deckenund Türenmalereien. Im Sommer kommen viele Tagesausflügler vom Festland, im Winter gesellen sich meist nur ein paar Stammgäste zu den rund 100 Einheimischen. Viele Restaurants haben geschlossen.

Also: Beim Hallig-Kaufmann die Zutaten für Friesenschnitte (Blätterteig, Sahne, Pflaumenmus) oder Porrenpann (Krabben-Kartoffel-Pfanne) kaufen. Dann gemütlich kochen, essen, Friesentee trinken.

Abschalten geht auch hier

  • Albstadt: Schwäbische Alb zwischen Stuttgart und Bodensee. Tipp: Wanderung zum Panoramablick vom Zeller Horn auf die Burg Hohenzollern
  • Baiersbronn: Städtchen mit nahen, ganzjährig geöffneten Wanderhütten im Nationalpark Schwarzwald und tollem Essen, von regionalen Spezialitäten bis Dreisterneküche (höchste Sternedichte Deutschlands)
  • Goslar im Harz: Die mittelalterliche Altstadt ist Unesco-Weltkulturerbe. Daneben reizvolles Mittelgebirge, eine historische Schmalspurbahn und Hundeschlittentouren

Winterwaldwunder Ostbayern

Dicke weiße Flocken schon im frühen Dezember, das kann im Bayerischen Wald durchaus passieren. Dann ist das Mittelgebirge im Osten Bayerns an der Grenze zu Tschechien herrlich überzuckert – und Besuchern strömt die Winterluft klar und frisch in die Nase. Beispielsweise bei einer Wanderung auf den Berg Lusen. Der Winterweg ab dem Dorf Waldhäuser führt zunächst leicht bergauf. Nach rund eineinhalb Stunden und einem am Ende steileren Stück ist die karge Kuppe mit Kreuz auf einem Meer aus Granitbrocken erreicht.

Natur bleibt Natur

Vorher geht es an vielen dürren, kahlen Nadelbaumstämmen vorbei. Was dem Besucher zunächst unwirklich erscheinen mag, ist echter als viele andere Wälder. Im Nationalpark Bayerischer Wald geht es darum, die Natur Natur sein zu lassen. Als sich hier in den Neunzigern der Borkenkäfer satt fraß, wurde nichts dagegen unternommen und auch danach kein Totholz abtransportiert.

Die Belohnung nach rund 440 Metern Anstieg: ein gigantischer Weitblick, die sanften Hügel des Bayerwalds bis nach Tschechien – und die Einkehr in das gemütliche Lusen-schutzhaus (in den Weihnachtsferien jeden Tag, im restlichen Winter am Wochenende geöffnet).

Wer es ruhiger angehen möchte, besucht die Aussichtskanzel des Rothirschgeheges Scheuereck bei Zwiesel. Unter den Füßen breitet sich ein neun Hektar großes Freigelände aus, Heimat von rund zehn imposanten Hirschen. Klassischen Winterzauber verströmt die Miniatur Rokokokirche von 1698 mit ihrem Zwiebelhäubchen in Lohberg bei Bayerisch Eisenstein. Das Innere überrascht mit wohltuender Wärme und einer Glashütte samt Werkstatt, Ofen und einem Schauraum mit Vasen, Skulpturen und Tiergestalten.

Sanfte Töne gibt es im Wallfahrtsmuseum Neukirchen beim Heiligen Blut: ein Gong aus China, eine Klangmühle aus Indien, Trommeln, Xylofone. Verschiedene Tafeln erklären die therapeutische, physikalische und medizinische Wirkung des Klangs. Direkt nebenan: die Wallfahrtskirche Mariä Geburt. Sie ist gerade im Dunkeln wegen der festlichen Votivkerzen himmlisch beschaulich.

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