RKI-Experte erklärt, warum er eine bundesweite Impfpflicht für sinnlos hält

Ein Experte vom Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin hat sich am Dienstag in die öffentliche Debatte um eine mögliche Masern-Impfpflicht in deutschen Kitas und Schulen eingeschaltet. Im Gegensatz zu Gesundheitsminister Jens Spahn, Familienministerin Franziska Giffey, SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach und einigen anderen Politikern bezweifelt Ole Wichmann, dass eine verpflichtende Impfung die bestehenden Lücken schließen kann. Die Befürchtung des Chefs der Impfprävention am RKI: Vor allem Jugendliche und junge Erwachsene, die bisher noch nicht geimpft wurden, werden weiterhin nicht erreicht.

Impfpflicht zum Schuleingang führt am Ziel vorbei 

„Bevor wir zu einem Instrument wie der Impfpflicht greifen, sollten wir abwägen, was wir damit erreichen können“, sagte Wichmann im Bayerischen Rundfunk. Bei den bestehenden Schuleingangsuntersuchungen liege die Impfquote bundesweit ohnehin schon bei 97 Prozent mit der ersten Dosis, bei der zweiten seien es immer noch 92 der vom RKI angestrebten 95 Prozent, so Wichmann. Eine Impfpflicht zum Schuleingang führt hier offenbar am Ziel vorbei.

Impfpflicht-Debatte

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Die Impflücken bestünden vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, so der Mediziner. Dort liegt die Quote laut RKI nur bei 70 Prozent – und damit 25 Prozentpunkte unter dem Zielwert. Und genau hier sieht Wichmann das eigentliche Problem. „Bevor wir eine Impfpflicht einführen, sollten wir andere Sachen optimieren“, fordert er. Ganz konkret spricht Wichmann von der sogenannten J1-Untersuchung, einem Gesundheitscheck für zwölf- bis 14-Jährige. Der fliegt weit unter dem Radar, viele Schüler und Jugendliche kennen dieses Angebot nicht einmal. „Würde man die Jugendlichen aktiver informieren, könnte man hier viel mehr erreichen“, glaubt Wichmann.

Und noch etwas beunruhigt Wichmann an der teils hitzig geführten Diskussion um die Einführung einer bundesweiten Masern-Impfpflicht. Experimentelle Studien am RKI hätten gezeigt, dass Menschen, die zu einer bestimmten Impfung verpflichtet werden, dem Glauben verfallen, andere Impfungen seien weniger wichtig. „Wir befürchten deshalb, dass die Quoten bei anderen wichtigen Impfungen heruntergehen“, erklärt Wichmann.

Quelle: „Bayerischer Rundfunk“

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