Keine Hilfsmittel mehr in der Apotheke – aber das mit hoher Qualität …

Die Auflagen in der Hilfsmittelversorgung werden immerabsurder. Nun müssen Apotheker zusätzlich zur Präqualifizierung Überwachungsaudits über sich ergehen lassen. Angeblich solldas der Qualitätssicherung dienen. Dass die Patienten deswegen besser mitPennadeln und Inkontinenzvorlagen versorgt werden, darf bezweifelt werden.Wahrscheinlich ist eher das Gegenteil der Fall: Das immer schlechter werdende Kosten-Nutzen-Verhältniskönnte dafür sorgen, dass Hilfsmittel irgendwann ganz aus Apothekenverschwinden. Ein Kommentar von DAZ.online-Chefredakteurin Julia Borsch. 

Pharmazeutisches Personal ist hochqualifiziert. Es istaufgrund seiner Ausbildung befähigt, Hochrisikoprodukte wie Arzneimittel abzugeben.Für Pennadeln, Einlagen und Inahalationshilfen reicht es aber offenbar nicht –dazu bedarf es seit einigen Jahren einer Präqualifizierung. Ob die Einreichungvon Grundrissen und einer Betriebserlaubnis sowie die veranschlagte Gebühr die Versorgungsqualitätsteigern,ist mehr als fraglich. Nun wurde aber noch einmal eins drauf gesetzt: Zusätzlich zur Präqualifizierung, die alle fünf Jahre kostenpflichtig erneuert und in der zudem jede Änderung ebenfalls kostenpflichtig angezeigt werden muss, müssen die Apotheken nunÜberwachungsaudits über sich ergehen lassen. Diese Überwachungsaudits sollenebenfalls der Qualität dienen. Grundlage dafür ist unter anderem die Norm DIN EN ISO/IEC 17065:2013, die neue Regeln für die Präqualifizierungvorschreibt. Apotheken, die noch nach den alten Regeln präqualifiziert sind, gehörenlaut dem Hinweisschreiben der Agentur für Präqualifizierung zu einer „Risikogruppe“.Geht’s noch? Diese Überwachung mag ja vielleicht bei anderen Hilfsmitteln mit hohem Risiko eine Berechtigung haben, aber doch nicht bei solchen, die üblicherweise inApotheken abgegeben werden.

Gefährdung der Arzneimittelsicherheit 

In dem Fünf-Jahreszeitraum, über den die Präqualifizierung gilt,gibt es zwei Audits. Zweimal müssen Unterlagen zusammengestellt, eingereicht undgegebenenfalls nachgereicht werden. Zweimal müssen 95 Euro berappt werden – unddas in einem Bereich, in dem vieles ohnehin schon zum Einkaufspreis abgegebenwird, nur um der Versorgung der Patienten und der Kundenbindung willen. Die Hilfsmittelversorgung wirdso nach und nach immer mehr zum Nullsummenspiel oder gar zum Verlustgeschäft– wenn sie es unter Einberechnung des Aufwandes nicht ohnehin schon ist. Daherwäre es mehr als verständlich, wenn sich Kollegen den Wahnsinn nicht mehr antun.Patienten müssten dann die Pennadeln oder die Inhalationshilfe woandersbeziehen, statt sie einfach mit dem Insulin und dem Asthmaspray in der Apothekemitzunehmen. Und das ist nicht nur weniger bequem. Bei Hilfsmitteln, die nur imKontext mit einem Arzneimittel verwendet werden, gefährdet es auch dieArzneimittelsicherheit, die Abgabe von Arznei- und Hilfsmittel zu trennen. Dennes erschwert die Beratung massiv. Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit, dassHilfs- und Arzneimittel nicht zusammenpassen, um ein Vielfaches erhöht. Hatnicht jeder schon einmal eine Verordnung über die falschen Pennadeln in derHand gehabt? Oder eine alte Inhalierhilfe, die nicht mehr zumRabattvertragsartikel passt?

Verdrängung unter dem Deckmantel der Qualitätssicherung

Und das soll ein Qualitätsgewinn sein? Vielmehr bekommt man den Eindruck, dass „kleine“ Anbieter, wie Apotheken, mit immer höher werdenden bürokratischen Hürden unter dem Deckmantel der Qualitätssicherung systematisch aus dem Markt gedrängt werden sollen zugunsten von großen (Versand-)Anbietern. Leidtragende werden am Ende die Patienten sein, die nicht mehr zeitnah vor Ort versorgt werden können – aber das dann immerhin unter Erfüllung sämtlicher DIN-EN-ISO/IEC-Normen. Fraglich ist nur, ob sie diesen „Qualitätsgewinn“ zu schätzen wissen.

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