Ernährung: Darmbakterien können das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall stark beeinflussen

Bakterien im Darm beeinflussen Herzinfarktrisiko

Dass eine gesunde Darmflora einen wichtigen Beitrag zum Schutz vor Infektionen, Allergien und anderen Krankheiten leistet, ist lange bekannt. Forscher haben nun herausgefunden, dass Darmbakterien auch einen Einfluss auf das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall haben.

Zahl der Sterbefälle durch Herzerkrankungen gestiegen

Gesundheitsexperten zufolge ist die Zahl der Sterbefälle durch Herzerkrankungen in den vergangenen Jahren gestiegen. Bei akuten Herzinfarkten gab es hingegen einen Rückgang der Sterblichkeit, berichtete die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V. Anfang des Jahres. Dennoch erleiden pro Jahr noch immer rund 280.000 Menschen in Deutschland einen Herzinfarkt, etwa 50.000 von ihnen sterben an den Folgen. Forscher konnten nun zeigen, dass bestimmte bakterielle Stoffwechselprodukte aus dem Darm das Risiko erhöhen, einen Herzinfarkt beziehungsweise Schlaganfall zu erleiden.

Ursachen und Risikofaktoren für Herzinfarkt

Zu den bekannten Herzinfarkt-Ursachen gehören unter anderem Bluthochdruck, hohe Cholesterinwerte im Blut, Rauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel und eine Häufung von Herzinfarkten in der Familie.

Besonders gefährdet sind auch Patienten, die bereits ein „kardiovaskuläres Ereignis“ erlitten haben, also einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall.

Forscher aus Deutschland und den USA haben nun in zwei Studien mit insgesamt über 600 Patienten, die kürzlich einen Schlaganfall erlitten hatten, einen bisher weniger bekannten Risikofaktor untersucht: Das sogenannte Mikrobiom, die Bakterien im Darm.

Wie das Berliner Institut für Gesundheitsforschung / Berlin Institute of Health (BIH) in einer Mitteilung berichtet, wurde die Untersuchung von BIH-Professor Ulf Landmesser mit Kollegen vom Department of Cardiovascular Medicine der Cleveland Clinic in Ohio sowie Professor Matthias Endres und Kollegen der Klinik für Neurologie der Charité und von der Medizinischen Hochschule Hannover durchgeführt.

Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin „Arteriosclerosis, Thrombosis, and Vascular Biology“ veröffentlicht.

Verbindung zwischen Entzündungen und Arteriosklerose

Die Forscher hatten bei ihrer Untersuchung insbesondere die Konzentration eines Stoffwechselprodukts der Bakterien, das Trimethylaminoxid, gemessen und mit dem Risiko verglichen, einen Herzinfarkt bzw. Schlaganfall zu erleiden.

„Wir haben herausgefunden, dass Patient*innen mit einer hohen Trimethylaminoxid -Konzentration im Blut ein doppelt bis fünffach so hohes Risiko für einen Herzinfarkt bzw. Schlaganfall hatten wie Patient*innen mit einer niedrigen Konzentration des Metaboliten“, so Ulf Landmesser, Direktor der Klinik für Kardiologie am Campus Benjamin Franklin der Charité und ärztlicher Leiter des CharitéCentrum für Herz-, Kreislauf- und Gefäßmedizin an der Charité – Universitätsmedizin Berlin.

Offenbar regt das Trimethylaminoxid die Zellen auf der Innenschicht der Blutgefäße, die Endothelzellen, dazu an, Faktoren zu bilden, die die Blutgerinnung und Gefäß-Entzündung begünstigen.

Das wiederum lockt entzündungsfördernde Blutzellen an, Monozyten, die ihrerseits in den Blutgefäßwänden die Atherosklerose und Thrombose fördern.

Laut Landmesser eine ganz und gar nicht neue Idee: „Die Idee, dass Entzündungen mit Arteriosklerose verbunden ist, geht auf Rudolf Virchow zurück, der das schon vor 160 Jahren hier in Berlin beschrieben hat.“

Neue Möglichkeiten der Vorbeugung

Allerdings bietet die Erkenntnis, dass Mikrobiom und Herzinfarkt bzw. Schlaganfall zusammenhängen, auch ganz neue Möglichkeiten, diesen Krankheiten vorzubeugen.

Die Berliner Mediziner haben dazu mit ihren Kollegen aus den USA ein internationales transatlantisches Forschungsnetzwerk of Excellence gegründet, um nach Substanzen zu suchen, die die Bildung der schädlichen Metaboliten in den Bakterien hemmen können.

„Herkömmliche Medikamente, die die Blutgerinnung hemmen, verringern zwar das Herzinfarktrisiko, erhöhen aber gleichzeitig auch das Blutungsrisiko“, erklärte Landmesser.

„Das Interessante an diesem neuen Ansatz ist, dass man durch die Beeinflussung der Bakterien das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko senken könnte, ohne dass man gleichzeitig das Blutungsrisiko erhöht. Also möglicherweise eine besonders elegante Methode, das Ziel zu erreichen.“

Herzinfarktrisiko durch Nahrungszusatzstoff senken

Landmesser plant, die gewonnenen Erkenntnisse bereits in den nächsten drei Jahren in einer klinischen Studie an Patienten zu testen.

Doch damit nicht genug: „Wir haben noch weitere interessante Metaboliten im Mikrobiom gefunden, die etwa den Cholesterinstoffwechsel positiv beeinflussen“, so der Experte.

„Man könnte einen solchen Bakterien-Metabolit oral verabreichen, als Nahrungszusatzstoff, und so das Herzinfarktrisiko senken.“

Von daher wäre es völlig falsch, die Mitbewohner im Darm allesamt zu verteufeln, sagte Professor Ulf Landmesser.

„Wir haben mehr Bakterien in uns, als wir Körperzellen haben. Und diese Bakterien tun eben auch viele Dinge, die gut für uns sind. Und die wollen wir natürlich auch erforschen und möglicherweise in präventiven Ansätzen nutzen.“ (ad)

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